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Gute Organisation des Alltags

Der Alltag muß tadellos organisiert sein. Das Boot muß dem Soldaten zur Heimat werden. Es darf natürlich auch nicht zuviel organisiert werden. Denn, da Ruhepausen gerade auf dem U-Boot besonders nötig sind, gilt der Grundsatz, die Freizeit und der Schlaf sind dem U-Boot-Mann heilig. Der Rhythmus des normalen Lebens muß möglichst gewahrt bleiben. Da der Wechsel von Tag und Nacht im Boot nicht ohne weiteres zu spüren ist, muß man ihn künstlich herstellen. Zum Abendessen wird Schummerbeleuchtung im Boot eingeschaltet, und eine halbe Stunde vor bis eine halbe Stunde nach Wachwechsel (20.00 Uhr) das Abendkonzert mit Schallplatten gesendet. Der Sonntag wird hervorgehoben und beginnt mit einem Schallplattenkonzert, und dieses stets mit der Platte: "Ja, das ist mein Sonntags- vergnügen, bis 10 Uhr im Bettchen zu liegen ..." Und das Abendkonzert wird mit einer anständigen Platte beendet: "Abendlied", gesungen von den Regensburger Domspatzen. Der Besatzung sage ich: "Wenn ihr schon mal ein sauberes Hemd anzieht, dann tut das nicht am Freitag oder Dienstag, sondern am Sonntag, damit wenigstens einige in Festtagskleidern herumlaufen."

Jeder von der Besatzung bringt soviel illustrierte Zeitschriften mit, daß es möglich ist, jeden Sonntag davon 6 neue auszugeben. Es wird so eingeteilt, daß beim Einlaufen die letzten Zeitungen herausgegeben werden können. Selbstverständlich richtet sich auch die Menage danach und stellt den Speisezettel so auf, daß man merkt, es ist Feiertag, mit zum Beispiel schmackhafter Carbonade und Sauerkraut mit Püree.
Die Lokusfrage kann zu Beginn der Fahrt schwierig sein, wenn noch unerfahrene Soldaten da sind, die mit den Pumpen nicht klarkommen. Sicherheitshalber hängt da ein Schild mit der Aufschrift: "Fasse Dich kurz." Dort lag auch ein Notizbuch, in dem jeder Besucher seinen Namen einschreiben mußte. Ist dann der Lokus nicht in Ordnung, dann kralle ich mir den letzten, und der muß pumpen. Damit die Maßnahme nicht so bösartig aussieht, konnte jeder kleine Verse hineinschreiben, diese wurden allmählich so zahlreich, daß man einen halben Bierabend damit ausgestalten konnte.

Auf langer Fahrt muß natürlich auch Reinschiff gemacht werden. Es ist interessant, daß ich fast der einzige Mensch an Bord war, der wußte, wie man so richtig Reinschiff macht, Farbe wäscht, Decke und Bänke scheuert. Denn kaum einer der Besatzung war auf einem dicken Schiff, wo man so etwas lernen kann. Dieses Reinschiffmachen findet Samstag statt und wird von munterer Schallplattenmusik begleitet, damit es mehr Spaß macht.

Die Aufstellung des Speisezettels ist eine schwierige Sache, denn es wird nur zu leicht über das Essen gemeckert. Ich lasse deshalb die einzelnen Wohnräume die Speisezettel aufstellen. Bei zunehmender Länge der Fahrt müssen sie natürlich immer mehr kontrolliert werden, damit die schönen Sachen nicht zu Anfang aufgegessen werden. Ich achte auch darauf, daß anständig gegessen wird, namentlich auch im U-Raum. Nicht, weil ich Ästhet bin, sondern weil ich glaube, daß die Autorität der Unteroffiziere darunter leidet, wenn sie nicht in jeder Lage auf sich halten. Ich habe es erlebt, daß Unteroffiziere mit offener Kleidung am Mittagstisch saßen und einen Backschafter anfuhren, weil der Teller nicht ganz sauber sei, und neben sich einen Mann hatten, der mit schmierigen Händen seinen Teller verdreckte. Diese Uneinheitlichkeit im Lebensstil macht die Backschafter unsicher und führt zu ewigen Anschnauzern, und das kann leicht vermieden werden. Man muß erreichen, daß an Bord nur selten und in berechtigten Fällen über das Essen gemeckert wird.

Es wird auch Brot an Bord gebacken. Da der Backofen nicht in Ordnung war, wurde es eine schwierige Sache. Da haben wir uns durch einen Bäckerwettbewerb geholfen. Vier Mann, die Bäcker von Beruf waren, mußten um die Wette backen. Wir haben für jedes gebackene Brot durch Rundfunk und Bordpresse so eine Reklame gemacht, wie sie bei Wahlen nicht besser sein kann. Auf diese Weise haben wir schließlich doch anständiges Brot gehabt. Aber auch an andere Kleinigkeiten muß man denken. Wenn keine Wäschetinte da ist und keine Namenläppchen, und deshalb die zum Trocknen in der U-Maschine aufgehängten Kleidungsstücke nicht gezeichnet sind, dann gehen sie auch mal verloren, und es gibt unnützen Ärger. Sie finden sich nach Erfahrung erst nach 14 Tagen wieder ein. Auch auf die Kantine muß man achten. Es gilt der Grundsatz, daß jeder das gleiche bekommt - der Kommandant nicht mehr als der jüngste Matrose. Wenn bei bestimmten Artikeln Ausnahmen gemacht werden, dann muß dies der Besatzung ganz klargemacht werden.

In all diesen Fragen muß der W.O. wirklich der erste Kamerad seiner Männer sein und ein Vermittler zwischen Kommandant und Besatzung. Er kann ihn aber nur über Unstimmigkeiten unterrichten, wenn seine Männer ihm davon erzählen; er muß also ihr Herz besitzen.

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